Auf dem Weg der Erleuchtung

Nachts, Old Delhi trainstation

Tausende und Abertausende von Menschen wuseln in einem unuebersichtlichen Wust durch ein Labyrinth aus Bahnsteigen, Anzeigetafeln und Safthaendlern. Oralen Exkrementen ausweichend, die von allen Seiten auf den betonierten Boden klatschen, bahne ich mir meinen Weg durch die Massen. Eine dreiviertel Stunde verbringe ich damit, mein Abteil zu suchen, da mir zahlreiche Menschen, eager to help, den Weg in unterschiedliche Richtungen weisen. 10min vor Abfahrt bin scheissueberstroemt etwas nervoes geworden, waehrend mir ein Inder im falschen Abteil den Weg verstellt, auf Hindi auf mich einredet und ohne ein Wort Englisch ueberzeugt ist, mir helfen zu koennen. Nach mehrern Rugby verwandten Ausweichversuchen, die von seinem kugelrunden Bauch abgefedert werden, sehe ich keinen Ausweg als ihn beiseite zu stossen und aus dem Zug zu springen um zum naechsten Abteil zu sprinten. Schliesslich und endlich komme ich an und sehe mich mit dem amuesierten Kommentar eines mitreisenden Oesterreichers konfrontiert, ich sehe aus, als kaeme ich gerade von einer Wuestensafari.

7 Uhr morgens, Haridwar

Der Oesterreicher, Walter, und ich verlassen den Bahnhof und befinden uns unmittelbar im Auge eines Sandsturms, der nahestehende Baeume entwurzelt und mir die Traenen in die Augen treibt. Wir fleuchten in ein kleines Restaurant und beobachten fasziniert, wie sich der Himmel verdunkelt als sei es finstere nacht und ein unbarmherziges Gewitter sie Strassen peitscht. Die Inder amuesieren sich koestlich.

Desorientiert schlurfen wir durch anhaltenden Nieselregen, werden ziemlich nass und muessen uns schliesslich eingestehen, dass wir exakt in die falsche Richtung gelaufen sind. 20min und akute Rueckenschmerzen spaeter finden wir ein Hotel, dann noch eins und noch ein drittes. Nichts reisst uns vom Hocker, die Preise sind horrend und Haridwar scheint ausser dem Ursprung des ganges nicht viel zu bieten zu haben. Wir fahren nach Rishikesh.

ca 10 Uhr, Rishikesh

Ein schoener und wesentlich freundlicherer Ort. Steile Strassen, Berghaenge, der Ganges, unzaehlbare Sadhus und eine Menge Affen (und sonderbar anmutende Touristen).

Wir schlendern durch die Strassen, lassen uns anbetteln.
Nachts wache ich auf, weil ich solche Bauchschmerzen habe. Mir ist kotzuebel, ich kann vor Kraempfen kaum stehen. Den naechsten Tag verbringe ich lesend udn schlafend.
Womit beschaeftigt man sich in Rishikesh? Yoga, Meditationskurse und Gras, wie mir scheint. Wir fahren weiter und nehmen in Dehra Dun Abschied.

Ich fahre nach Chandigarh und werde von den Menschen im Bus auf angenehme Art und Weise ignoriert.

Chandigarh, ca 18.00Uhr

Die Stadt ueberzeugt mich nicht. Die Hotelzimmer sind eine Katastrophe, dreckig, heruntergekommen, unpersoenlich, teuer. Ich fahre weiter nach Shimla.

Shimla, ca 22.45Uhr

Kaum ausgestiegen bestuermt mich eine Horde wildgewordener Traeger, die mein Gepaeck die steilen Strassen hinauf befoerden wollen, zum Hotel. Ich wehre ab und schnaufe allein und fluchend moerderische Haenge hinauf. Angeregt die Karte studierend hoffe ich nur, bald das Hotel zu finden. Ich habe seit mehr als 12h nichts gegessen, bin eben so lang Bus gefahren und sehne mich nach einem warmen Bett, denn hier ist es empfindlich kuehl.

Ich und mein Lonely Planet laufen also durch die Strassen, wo mich ploetzlich zwei dort herumlungernde Polizisten anhalten, meinen Namen wissen wollen, meinen Pass sehen wollen etc etc. Der Dicke, der offensichtlich der Chef ist, starrt etwa eine halbe Stunde in meinen Pass, spricht kein Wort englisch, laesst mich aber nicht gehen. Er behauptet, das sei kein Pass, er wolle ID sehen, baut sich ungefaehr 10cm vor mir auf und geniesst sich offensichtlich sehr in der Rolle. Der andere lacht nur amuesiert. Meine wiederholten Fragen, was das alles solle, finden kein Gehoer. Meinen Pass haelt der Dicke fest wie einen Goldbarren und ich schlucke die aufkommenden Traenen und bleibe tiefdurchatmend sitzen. Alle, die vorbei kommen, beeilen sich, weiterzukommen und behaupten einhellig, sie spraechen kein Englisch. Der Dicke amuesiert sich praechtig, ich rufe meine Mutter fuer emotionale Unterstuetzung an. Mehr Polizisten tauchen auf und stehen ebenso bescheuert herum ohen irgendetwas zu tun, lassen mich aber auch nciht gehen. Sukhesh ruft an belabert die Bullen, ich sei seine Frau und sie sollten mich gehen lassen etc etc. Die Polizisten behaupten, ich wuesst den Namen meinen Hotels nicht, waehrend ich Ihnen den Namen ins Gesicht schreie, ich sei verdaechtig und das muesste untersucht werden und koennte kosten. Sie lassen mich nciht gehen mit der Begruendung, es sei nach 23.30 und da duerfte ich nicht emhr allein herumlaufen. Eine weitere halbe Stunde vergeht. Weieer darf ich nciht gehen, angeblich weil eine weibliche Kollegin herbeigeholt werden muss, die mich zum Hotel begleiten soll. Noch eine halbe Stunde spaeter kommen zwei weitere Polizisten, ein Mann und eine Frau im Jogginganzug, die ebenfalls kein nglkisch sprechen, ebnfalls dumm rumstehene und ich darf immernoch nicht gehen. Am Ende laeuft nur der Dicke mit mir durch die Gassen, (nicht ohne unterwegs nach meiner Hand zu grapschen und mir im Gesicht herumzufummeln) verlaeuft sich merhmals und bringt mich aus unerfindlichen Gruenden zum Polizeirevier, wo ein freundlicher Officer undgestoert telefoniert und ich eine weitere Viertelstunde herumsitze bis er mich fragt, was denn mein Problem sei und warum ich mir nicht ein Hotel suchte und mich dann mit einer Hoteladresse allein losschickt.
Es ist kurz vor eins, als ich mich durch menschenleere Strassen schleppe. Alles ist selbstverstaendlich geschlossen. nach 5min ist der Dicke wieder da und haemmert an Hoteltueren. ich bekomme ein Zimmer fuer 20Euro die Nacht, vielzuviel fuer mein Budget, aber nicht den Namen des Polizisten. Die Botschaft ist informiert und alle atmen auf, als ich sicher in meinem Zimmer angekommen bin. Eva nennt die indische Polizei potentille Vergewaltiger und mich ein Opfer von Willkuer und Langeweile.
Am naechsten Tag bekniet mich alles, zurueck nach Delhi zu fahren, aber ich will nicht. Wenn ich jetzt Angst habe und das zulasse, werde ich immer Angst haben. ich bleibe.

Nachmittags entdecke ich, wie schoen die Stadt ist, finde das Hotel, in das ich urspruenglich wollte, bestaune die Massen an indischen Touristen, die Zuckerwatte essen und durch die Strassen schlendern. Die Haenge sind so steil, es scheint immer und ausschliesslich bergauf zu gehen, bei jedem Schritt sticht das Herz schmerzhaft. Ich wandere ca 15km mit einem netten Englaender, bestaune das dekandete Regierungsgebaeude, dass die Briten hier erbaut haben und fuehle mich wohl.

Am naechsten Tag werde ich beim Kaffee trinken von einem Astrologen, Yogalehrer, Meditationslehrer (...) angesprochen, der aus meiner Hand die Doppelvenus ersieht, meine Aura bewundert und von mir als einem vollkommenen Wesen mit unterdruecktem Selbst spricht, dass sich unnoetig selbstkasteit und niedermacht, obwohl es unglaublich stark ist. Er entschuldigt sich fuer die Unterbrechung meiner Lektuere, aber sein Gott habe ihne beauftragt mit mir zu sprechen und es sei wichtig. Wir treffen uns nachmittags erneut und er erlaeutert mir, dass er meine Spannungen aufloesen will und den Energiefluss zwischen mind und heart wieder herstellen will. Ich sei zu 80% positiv und zu 20 % negativ, aber der negative Teil sei so stark, dass er den anderen unterdruecke.
Bei einem weiteren Gespraech am Abend werde ich ploetzlich ungemein wuetend, seziere ihn verbal und aergere mich masslos ueber die Wiederholungen von Phrasen, die ich schon in seinem Touristenbuch gelesen habe, Dinge die er schon anderen Mnschen im exakt gleichen Wortlaut erzaehlt hat und die diese dankbar wiedergeben. Er scheint das alles, trotz seiner sagenhaften Verbindung mit mir, nicht zu kapieren und wirkt hilflos, und das obwohl er mir selbst noch sagte, mein Gedaechtnis sei fotografisch.

Nun bin ich immer noch in Shimla und bin unsicher, was ich als naechstes mit mir anfangen will. Dharamsala. Vielleicht.
neo-bazi - 14. Mai, 17:28

Bewunderswert. Eine wirkliche Lieblingsenkelin :-)

joppi (Gast) - 17. Mai, 20:09

ich kann

mir nicht helfen aber (<-- ein schönes Wort, so klein und doch alles vorhergesagte erodierend) Gefühl der Ohmacht ob der Willkür des fetssackes zeigt uns doch wie unglaublich gut wir es hier haben mit all unseren schönen Rechten und Dienstmarken usw. usf. Und dann muß man sich noch vergegenwärtigen, dass die nette weiße haut einen eigentlich noch zusätzlich schützt (auch wenn sie einen auch erst auffallen läßt.
Harte Geschichte diese und Respekt vor Mutter Courage

Ole (Gast) - 25. Mai, 13:39

Donnerknispel, erhol Dich gut davon! (Sofern das im Brown Hotel möglich ist) Harter Tobak! Da wäre mein erstmal zutiefst entspanntes Gemüt aber auch sehr schnell an seine Grenzen geraten. Hoffe, die Zwischentage seitdem haben entschädigt, und es geht Dir inzwischen wieder richtig gut? Große Grüße aus der Schnödheit Mitteleuropas (ich fahre ab dem Wochenende eine Woche mit Rad und Zelt durch Holland - wie profan :))...
la lune qui brille (Gast) - 27. Mai, 12:24

Immerhin, Ole, immerhin ! Ich bin jetzt schon agnz geknickt: nur noch 2 Wochen!!! Dann beginnt der Ernst des Lebens... die Durststrecke bis zur naechsten Reise scheint unendlich

Nora reist

6 Monate Indien + 2 Monate Südafrika

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Zuletzt aktualisiert: 15. Jul, 18:28

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