Sonntag, 15. Juli 2012

Gerne würde ich...

...hier weiterbloggen, leider bietet twoday.net aber so unheimlich wenig Webspace, dass ich dauernd gezwungen bin, alte Bilder aus den Texten herauszulöschen. Daher habe ich mich entschieden, humidity strikes an anderer Stelle fortzuführen - nämlich hier http://humiditystrikesagain.blogsport.de/.

Montag, 28. März 2011

Into the wild

Wir fahren in D.s Mietwagen Richtung Limpopo, raus aus der Stadt, die jetzt seit 2 Monaten mein zu Hause ist. Unterwegs ueberrascht uns ein Regenschauer und die Scheiben des Autos beschlagen schneller, als man sie abwischen kann. Mankann kaum mehr die Ruecklichter der anderen Autos sehen, die Massen feuchter Luft, die sich ncihyt von unseren Scheiben trennen koennen, zwingen uns zu einem abenteuerlichen Halt auf dem Seitenstreifen. Es ist bereits dunkel, als wie die Fahrt in Mokopane unterbrechen. Ein kleiner Ort, einige Kilometer von Limpopos Hauptstadt Polokwane entfernt. Besonders aufregend ist es hier nicht, vorstaedtisch, klein. Irgendwie denken wir alle an amerikanische Road Movies, als wir hier absteigen. Am Morgen geht es in Richtung Tzaneen. Wir fahren durch endlose Landschaften satten Gruens, bald schon sind die gelblichen Huegel und Buesche verschwunden und werden von Bananen- und Zitronenplantagen ersetzt. Ein Schild warnt vor Nilpferden, die hin und wieder die Strasse ueberqueren.
Nur ein Schild weisst auf den Backpacker hin, daneben ein stark abschuessiger Pfad. Beim herunterfahren fragen wir uns, ob das Auto den Weg nach oben schaffen wird oder ob wior fuer immer bleiben muessen, in Tzaneen. Der Weg beschreibt eine Kurve und gibt den Blick frei auf Huetten mitten in der Natur. Ein Pfad fuehrt hinunter zum See, in dem wir uns nicht trauen zu schwimmen, weil es hier nicht nur Malaria gibt, sondern auch diverse Uebel in stehenden Gewaessern. Trotzdem, es ist wunderschoen.
Die Huette hat kein Licht, aufs Wellblechdach trommelt nachts der Regen. Toilette und Dusche sind draussen, neben Palmen und Straeuchern, unter freiem Himmel. Abends sitzen wir mit einem Savannah in der Hand vor unserer Huette und hoeren den Voegeln zu.

Sonntag geht es zurueck in Richtung Joburg, unterwegs setzen mich die anderen in Polokwane ab. Am Taxi Rank frage ich mich durch und sitze schliesslich in einem Minibus in Richtung Nelspruit. Abenteuerliche Fahrt ueber Berg und Tal, eingequestscht neben zwei uebergewichtigen Herren, einer schnarchend, der andere Bier trinkend. Er hat kein Gepaeck, nur eine Tuete voll mit Dosenbier. ich frage mich, wofuer er sich Mut antrinken muss. Oder ob er einen bestimmten Pegel haelt. Wer trinkt schon 7 Bier in 2 h?
Grosse Aufregung, als meine MItfahrer einen betrunkenen Fahrer vor uns auf der Strasse entdecken, der sich in Schlangenlinien seinem Ziel naehert und dabei gefaehrlich oft auf die Gegenfahrbahn geraet. Kein Wunder, dass Suedafrika traurige Rekorde in Sachen Unfallhaeufigkeit aufstellt.

Ich steige um in Burgerfort, einem Ort, den es auf meiner Karte nicht einmal gibt. Am Main Taxi Rank muesse ich umsteigen, sagt man mir. Der Main Taxi Rank ist ein verlassener Parkplatz zwischen ein paar Muellhaufen, ein paar Maenner haengen hier herum, es nieselt. Ich steige um in eines von 2 Taxis die dort herumstehen. Wir warten auf mehr Passagiere - und tatsaechlich gesellt sich wenig spaeter eine Grossfamilie dazu . Es geht weiter in Richtung Nelspruit. Und natuerlich hat die Fahrtzeit, die man mir sagte, nichts mit der Realitaet zu tun. Ich fluche innerlich, weil ich denke, das kennstdu doch schon aus Indien. Nun, immerhin, hier muss man nur eine Stunde addieren, nicht 3 oder 6... Statt um 5 bin ich also gegen 7 in Nelspruit, es ist dunkel, es regnet, der Ort wirkt mehr oder minder verlassen. ich warte an der Polizeistation auf einen Fahrer vom Backpacker/Hostel, der tatsaechlich nach wenigen Minuten eintrifft. Gelobt seist du, lonely planet!

Ich treffe ein in einem Backpacker, in dem es alles gibt, Fruehstueck, Internet, niedrige Preise, einen Pool und eine Bar. Und nette Leute. Ich gehe ins Bett und denke darueber nach, wie einen die Angst vorm Leben abhaelt. Und darueber, dass man zuviel Fantasie haben kann. Ich liege im Bett und denke, war doch gar nicht so schwer.

(Gleich in den Kruegerpark, Uebernachtung im Camp dort, morgen Safari)

Donnerstag, 17. Februar 2011

leben. und so.

Die Nächte hier sind ruhig, begleitet vom ambitionierten Gesang der Grillen, durchbrochen, mancchmal, von den sonderbaren Schreien der hier ansässigen Vögel, merkwürdige Wesen mit ernsten Gesichtszügen, wie Totengräber oder Finanzbeamte. Ein Schrei, den man schlecht vergleichen kann, wie eine komische Mischung aus Befehl und Wehklagen. Vielleicht fressen sie Aas, vielleicht Blumen. There's no telling.
Ich wache auf, weil "Mütze" auf meiner Brust sitzt und mich aufmerksam betrachtet oder sich schnurrend und Krallen-intensiv auf meinem Hals niederlässt.

the mighty Muetze

Er ist ein freundlicher, sensibler Kater, der nachts geräuschlos durch mein Fenster einsteigt, dessen liebster Schlafplatz - neben meinem Körper - das zweite Kopfkissen ist. Sein Gesicht, sein Schnurren begrüßt mich am Morgen, und manchmal seine raue Zunge an meiner Nasenspitze. Er ist ein guter Jäger, geräuschlos, schnell und geschickt, fängt Vögel, Käfer, Eidechsen mit behänder Mühelosigkeit.

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Ich stolpere ins Bad und stelle mir die mikroskopischen Reste toter Maus auf meiner Nase vor, während ich mir die Zähne putze und durch müde Augen und Ohren die Geschäftigkeit im Hof und in der Küche wahrnehme.

Ich weiß nicht, ob ich in 3 Wochen auch nur einen Tag allein gefrühstückt habe - dabei erschien mir das irgendwann einmal undenkbar, dieser soziale Overkill am Morgen. Und doch: Es ist schön, ein Haus mit rund 10 anderen zu teilen. Wenig bleibt verborgen, manchmal ist es schwierig oder anstrengend, aber es ist leben da, und etwas, zu dem man nach Hause kommt, auch oder gerade nach einem schlechten Tag.

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Es gibt Weißbrot, wie in eigentlich jedem Land, das nicht Deutschland ist. Immer nur Weißbrot oder eines seiner verschlagenen Geschwister, die von außen vorgeben, Vollkornbrot zu sein. Kurz gesagt: Es ist eine bessere Pappe, die sich zumindest zum Auflegen von Käse eignet. Damit reicht es vorerst mit der Nörgelei.

Ich werfe mir ein T-Shirt über und laufe zur Hauptstraße Beyers Naude, die nur einige Meter vom Haus entfernt ist. Hier gibt es eine Bushaltestelle, an der ich noch nie einen Bus habe halten sehen. Ganz allgemein ist das Bussystem in Joburg bislang noch weitgehend undurchsichtig für mich. Immer wieder, am Straßenrand, gibt es diese leicht verfallenen, blechernen Bushaltestellen, die verwaist wirken, während an vollkommen unscheinbaren Bürgersteigabschnitten auf Busse gewartet wird und es eine Art stillschweigendes Abkommen zwischen MInibus-Nutzern und -Fahrern zu geben scheint, an welchen Stellen bevorzugt Passagiere aufgesammelt werden.

Zur Arbeit muss ich in Richtung Stadt fahren, was man mit Hilfe des entsprechenden Handzeichens zu erkennen geben muss. Es gibt so etwas wie feste Minibusrouten, für jede von ihnen gibt es ein Handzeichen, das aus einer bestimmten Anzahl von hochgehaltenen Fingern besteht: Finger nach oben bedeutet in Richtung Stadt, nach unten in Richtung Vororte. In diesem Fall muss ich einen Finger hochhalten, was regelmäßig dazu führt, dass ich den Eindruck habe, jemanden zu ermahnen oder auszusehen, als wäre mir grade eine entscheidende Idee gekommen. Meine südafrikanische Freundin Precious jedenfalls sieht wesentlich lässiger aus, wenn sie einen Minibus anhält.

Die nächste, wichtige Lektion bei der Minibusbenutzung ist das grundsätzliche Ausstrahlen einer gewissen Genervtheit. Es scheint sonderbar genug für den durchschnittlichen Minibusfahrer und den durchschnittlichen Passagier, dass eine Weiße das "schwarze Taxi" benutzt. Für noch mehr Irritation sorgt ein freundliches Lächeln oder gar eine Begrüßungsformel, besser: indifferent schauend und lässig einsteigen, rostige Schiebetür zuknallen und wortlos einen Schein nach vorne durchreichen. Für Feinde der Mathematik empfiehlt es sich nicht, vorne beim Fahrer einzusteigen, denn der Beifahrer wird stillschweigend zum Kassenwart, der Geld annehmen und Wechselgeld nach hinten durchreichen muss - eine teils verwirrende Aufgabe, die den Respekt für Ortskundige rasch ansteigen lässt, die offenbar mühelos den Überblick über die Passagiere, deren Geld und die Anzahl der Mitfahrer, für die sie bezahlen, behalten.

Die Minibusse sind oft mehr oder minder rostige Autos, die den Eindruck vermitteln, nur mehr vom Motor zusammen gehalten zu werden. Das hält den ein oder anderen Fahrer keineswegs von einer großzügigen Auslegung der Straßenverkehrordnung ab, weswegen Taxifahrten mitunter von der Polizei gestoppt werden und man häufiger einen leeren Bus, ein Polizeiauto und eine Gruppe Wartender am Straßenrand stehen sehen kann.

Angekommen laufe ich an einer gigantischen Baustelle vorbei, an der Arbeiter auch in der Mittagshitze unermüdlich in der roten Erde graben. Eine kleine Reihe Shops und ein immer während qualmender Grill (Braai), dessen Rauch mir jeden Morgen aufs Neue die Tränen in die Augen treibt und ungehindert in das dahinter liegende Geschäft hereinzieht, säumen den Weg zu der Nebenstraße, in die ich einbiegen muss. Vorbei an zahlreichen Wachmännern, die gelangweilt in der bereits um 10 einsetzenden Hitze herum stehen, kleinen Geschäften, einem Schuhputzer und einer Frittenbude geht es zum Büro.

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Soweto ist eine große Schwarzensiedlung, ganz in der Nähe von Joburg. Ich hielt es anfangs für eine Stadt, wurde aber von meinem südafrikanischen Kollegen darüber aufgeklärt, das Soweto tatsächlich eine Abkürzung ist für South-Western-Townships. Natürlich sind die Townships Überbleibsel des Apartheidsregimes, die einzelnen Bezirke unterscheiden sich stark - manche Gegenden sind sehr arm, in anderen ist die Annahme, es handele sich um eine gefährliche Gegend , überhaupt nicht nachvollziehbar. In Orlando etwa gibt es Touristen zuhauf, die vom Mandela-Haus und anderen Sehenswürdigkeitren angezogen werden.

Letzte Woche war in Joburg das Mozart-Festival, das unter anderem Musiker aus den Townships mit einbezieht. Ein Projekt, das hier vertreten war, ist das Melodi Project - ein Orchester bestehend aus Kindern und Jugendlichen aus den Townships. Bemerkenswert auch deshalb, weil Klassik traditionellerweise als Musik der Weißen gilt.
Das Projekt ist auch deshalb bemerkenswert, weil die schlechte Infrastruktur der Townships mit mangelnden Angeboten für Jugendliche viele frustriert, die Mädchen sind größtenteils unbeschäftigt, die Jungs spielen Fußball und träumen von großen Sportlerkarrieren. Ein Instrument zu lernen ist außergewöhnlich, die Älteren bringen den Jüngeren das Flötespielen bei, später wechseln sie zu anderen Instrumenten.

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Beim Konzert in einer kleinen Kirche in Soweto fiel mir die ausgelassene Stimmung auf, ungezwungen, standing ovations. Mütter mit kleinen Kindern, über die sich niemand aufregte , ein aufgeregt mitklatschendes, begeistertes Publikum... Ein angenehmer Kontrast zur deutschen Disziplin, Stille und allgemeinen Steifheit.

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Letzten Sonntag fuhren wir raus in einen kleinen Ort in der Nähe von Pretoria. Schon morgens trieb mir die drückende, schwüle Luft den Schweiß auf die Stirn. Über einen Feldweg voller Schlaglöcher ging es rauf auf den Berg, verwildert, grün, strahlend bunte Blumen und wohltuende Stille. Der alternative Gottesdienst war meine Sache nicht, wenn auch eine interessante Erfahrung, also schlich ich mich raus aus der runden Kuppel, raus in die Sonne, wo ich mit atemberaubendem Blick über die Berge und den Stausee im Tal die Ruhe genießen konnte.

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Den ganzen Tag draußen zu sein, im Gras zu liegen, reden und picknicken und dösen, Trampelpafde erkunden - merkwürdig wie die simpelsten Dinge manchmal die schönsten sind.

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Später ging es mit dem Auto zum Stausee, wo sich ein kleiner Wasserfall ins Tal ergießt und sich der Fluss durch sattes Grün windet. Mein Gesicht hatte in der Zwischenzeit eine tomatenhaft-fleischige Färbung angenommen, was den Genuss, draußen zu sein und spazieren zu gehen nicht schmälerte, meine Chefin allerdings zwei tage später zu dem nüchternen Kommentar anhielt, das mit der Sonne hätte ich wohl immer noch nicht gelernt...

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Samstag, 12. Februar 2011

system: error

Dinge, die hier nicht funktionieren - darüber musste ich die letzten Tage einige Male nachdenken.
Alberne Zufälle, wie etwa die Funktionsunttätigkeit meiner Schlüssel (Bürotürschlüssel dreht im Schloss durch - bietet sich besonders an, wenn man Sonnatg nacht alleine im Büro ist und jedes Mal, wenn man rausgegangen ist, befürchten muss, nicht mehr reinzukommen), meine Zimmertür, die sich von außen öffnen und schließen lässt, von innen aber nicht mehr aufgeht, so dass man sich durch Klopfzeichen Aufmerksamkeit verschaffen muss.
Aber auch ganz allgemeine Dinge, wie schnell einen Liter Milch kaufen gehen, abends eine Tüte Chips besorgen. Ohne Auto von einem Ort zum anderen kommen. Ich bin hier so wenig mobil wie in meinem ganzen Leben noch nicht. Das ist einem quasi nichtexistenten Nahverkehr zu verdanken (oder zumindest habe ich den bislang nicht durchschaut), aber auch den Sicherheitsproblemen, die nicht immer offensichtlich, aber eben doch vorhanden sind. Man denkt anders, in so einer Stadt. Man verhält sich nicht anders, oder zumindest kaum, aber man denkt anders. Das äußer sich in Kleinigkeiten wie dem Verschließen der Autotüren, man fährt nicht mit offenem Fenster. Man wird ein bisschen nervös, wenn es dämmert. Dann werden die Leute auf der Straße eilig, man selbst im Büro und an der Hauptsraße stehend - unruhig. Albern irgendwie, als ob, sobald die Sonne untergegangen ist, der böse schwarze Mann aus dem Gebüsch spränge. Und doch sind die Straßen nachts wie ausgestorben, friedlich fast, in dieser samtigen Sommerluft, mit aufdringlichen Grillen und üppigem Gewächs, leisem Rauschen in den Blättern.
Diese gesteigerte Aufmerksamkeit, diese Umsicht der Menschen hier, ist meistens kaum wahrnehmbar. Und dann ist es umso merkwürdiger, wenn sie plötzlich artikuliert wird. Bei einem Dreh im Township etwa, wo man an einer schönen Einstellung vorbei fährt, es lieber sein lässt, weil man im Rückspiegel gesehen hat, dass einige Männer versteckt im Hof sitzen. Männer, die alle Waffen haben, wie mein Kollege sagt. Das sieht man nicht, das bekommt man nicht mit. Es steckt kein Plan dahinter, kein organisiertes Verhalten. Es geht um Gelegenheiten. Und drei Menschen mit teurem Equipment, das leichte Beute ist in so einer Nebenstraße, das ist eine Gelegenheit.
...und plötzlich ist es doch wieder ein Text über Sicherheit. Das ärgert mich ehrlich gesagt, denn dieses Bild, das wir haben, das ist ein Zerrbild, das nichts zu tun hat, mit den Menschen hier, mit dem Land. Es ist nur ein Teilaspekt, der aufgebauscht wird und verwandelt in ein Cliché, das plötzlich eine ganze Gesellschaft definieren soll. Das ist Unsinn. Genau so wie es Unsinn ist, seine ganze Aufmerksamkeit zu konzentrieren auf das, was passieren könnnte. Die Menschen hier leben einfach, etwas umsichtiger als wir in Europa, ja, aber es ist im Grunde doch das gleiche Leben. Man trifft Freunde, man geht abends in die Stadt, trifft sich in Bars, geht essen und tanzen, man singt im Chor und besucht Konzerte. Je mehr ich sehe, desto mehr bin ich genervt von all diesem Vorurteilen, dass sich Schwarze und Weiße hier nicht mischen würden, dass sich reiche, weiße und rassistische Postkolonialisten hinter meterhohen Elektrozäunen verschanzen um sich dort von unterdrückten schwarzen Hausangestellten Champagner servieren zu lassen. Das ist nicht, was ich hier elerbe. Und es ist schade, dass man vor jeder Reise wieder auf die gleichen Dinge hereinfällt. Du kannst nicht und es geht nicht und du wirst und bist du sicher und hast du keine Angst. Memo an mich selbst: nicht mehr hinhören.

Mittwoch, 2. Februar 2011

Once again, with feeling

Sonntag, 22.30 Uhr. Ich sitze in einem von scheinbar unzähligen Warteräumen, rechts von mir dröhnen 90er Hits aus den Boxen über der Bar, wo wenig Kaffee in kleinen Bechern zu großen Preisen verkauft wird. Einige rotgesichtige Männer in den besten Jahren exen noch schnell das ein oder andere Pils und ich frage mich, wie sehr ein Flugzeug einem Luxusdampfer ähneln kann. An der Fensterscheibe perlt feuchte Luft, dahinter steht ein zweistöckiges Ungetüm, dem man das Fliegen im ersten Moment eben so wenig zutraut, wie einer Hummel. An den Assoziationen, die mich überfluten, merke ich, dass ich mehr schlafen und mehr reisen muss. Man wird ängstlich und bequem.

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Im Flugzeug schreit ein Baby periodisch, von vorne knallt mir ein Sitz gegen die Knie, ich verbrenne mir die Zunge an einer verkochten Stange Spargel und ich denke: Gut, wieder unterwegs zu sein.

Schon morgens um 11 schwitze ich in der Jeans, erscheinen 0 Grad plötzlich unrealistisch, erscheint der Rucksackinhalt widersinnig und jeder Wollpullover wie ein Anachronismus. Ich stolpere in der Empfangshalle herum und komme vor Müdigkeit nicht dazu, mich zu erkundigen, warum genau jeder Einreisende von zurechtgemachten Damen in schicken, caramellfarbenen Kleidern einen Likör hinterher getragen bekommt.

Monique umarmt mich wie eine alte Bekannte, wir fahren durch die Stadt, die geschäftig ist, sandfarben, braun und grün. Ein mobiler Barbier, Zigarettenverkäufer, heruntergekommene, alte Gebäude, Wolkenkratzer. Ein bisschen, als hätte man die australische Ostküste gemischt mit einem Spritzer Kairo, einem Schluck Europa und einem Schuss Farbe.

Das Haus ist labyrinthisch, warm. Im Garten schreien Vögel. Der Kater Ginger umschmeichelt mich wie einen Strauch Katzenminze, bedeckt mich über und über mit roten Flusen. Überall sind Menschen, einige kommen, andere gehen, manche sieht man nicht. Ein paar wohnen hier für Jahre, andere nur ein paar Tage. Für alle ist Platz.

Garten

Über dem Haus liegt eine Glocke aus Frieden und Freundlichkeit und selbst ein leeres Zimmer kann zu Hause sein. Durch die geöffneten Fenster zwängt sich der rote Kater mit Eleganz, die Grillen spielen unisono. Das Tor braucht eine Fernbedienung und wenn nachts ein Auto fährt, dann horcht man.

Alles wirkt freundlich und friedlich und kontrastiert mit der gesichtslosen Gefahr. Wie das unbekannte Monster aus dem Kleiderschrank, kann man sie einfach nicht finden. Spazierengehen, denkt man, und weiß nicht, denn Stacheldraht und Alarmanlagen sind kein Scherz. Und trotzdem ist überall Lachen und Leben. Vielleicht bringt man Lebensfreude und Alltag nicht zusammen mit Raubüberfall und Mord.

Im Minibus fährt ein lachender und unentwegt redender Fahrer über Stock und Stein. Wir verstehen zwar kein Wort, aber wir lachen trotzdem. Mein Mitbewohner und Beifahrer M. muss das Wechselgeld auf die Scheine herausgeben, die ihm Passagiere von hinten anreichen, was zu ständiger Verwirrung führt. Über Umwege gelangen wir zurück auf die Hauptstraße. Der Fahrer feixt - er hat die Polizeikontrollen erfolgreich umfahren. Wir passieren andere, überladene Kleinbusse, die angehalten worden sind und am Straßenrand parken.

Ich steige gegenüber dem riesiegen Hochhaus aus, dass mir als Orientierungspunkt dient und hänge grübelnd über meiner Straßenkarte. Die Fußgänger hier scheinen keine guten Kartenleser zu sein, aber immerhin - sie zeigen nicht in irgendeine Richtung sondern schauen genau so ratlos, wie sie sind. Die Sonne steht hoch und mir ist schwindelig, wie ich etwas ratlos durch die Straßen schlendere und nach Schildern Ausschau halte. Mir drängt sich die Frage auf, wie klug es ist, hier herum zu laufen. Ich beobachte die Studenten, die ganz in der Nähe in Richtung Universität trotten. Wahrscheinlich ist es niemandem möglich, mehr wie ein dummer Tourist auszusehen, als ich mit meiner Fragerei und den losen Straßenkarten-Kopien in den Händen. Und es passiert - überhaupt nichts. Ich gehe arbeiten, ich sitze im Büro, ich recherchiere und konferiere.

Nachmittags verdunkelt sich der Himmel und es frischt auf. Es blitzt und gießt und als ich später ratlos auf dem Parkplatz stehe, dämmert es mir, wie schwierig es ist, hier ohne Auto zu leben. Dieses Gefühl, von überaus freundlichen Menschen umgeben zu sein, von atemberaubend schöner Natur, in herrlichem Klima und doch immer das Unerwartete zu erwarten und zu fürchten, das ist skurril und nicht angenehm. So stehe ich in der Dämmerung auf einem eingezäunten Parkplatz unter Grünpflanzen und warte auf ein Taxi, weil ich nicht weiß was passiert, wenn ich bis zur Hauptstraße laufe. Wahrscheinlich passiert nichts. Genau dieses "wahrscheinlich" ist das Problem.

Wir kochen und reden und diskutieren über dieses Gefühl, dass man festsitzt. Dass man nicht losgehen kann, um eine Tüte Chips zu kaufen. Zumindest nicht ohne Auto. Daran muss ich mich erst gewöhnen.

Montag, 4. Juni 2007

Unklar

Ich vermute nicht, dass hierdurch irgendetwas deutlich klarer wird, nur versuche ich den fragenden Blicken beizukommen, die man mir zuwirft, wenn ich mit Ortsnamen um mich schmeiße. In Karte 1 ist die Tour vom letzten Jahr eingetragen. Karte 2 zeigt, wo ich die letzten 5 Wochen war bzw wo ich in der nächsten Woche sein werde.

Karte-1

india-3

Freitag, 1. Juni 2007

Retrospektive

McLeod Ganj, vor 2 Wochen

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Nachdem ich mich umgesehen habe, ist die Sinnkrise ueberwunden. Indien ist so - so, dass man alles anzweifelt, sich aufregt, dass sich unerklaerliche, emotionale Abgruende auftun, nur um unmittelbar von absoluter Faszination und euphorischen Ausbruechen abgeloest zu werden.

ich besuche das tibetanische Museum und ernte scheife Blicke, weil ich weinen muss. Alles scheint so surreal. Wieder und wieder muss man sich erinnern: das passiert wirklich. Die chinesische Armee marschiert zu tausenden in ein durchweg friedliches Land ein, unterdruekct und foltert die bevoelkerung udn schaendet eine jahrtausende alte Kultur. Es passiert wirklich: tausende von Tibetanern wandern durch die schneebedeckten Gipfel des Himalayas. Viele ueberleben es nicht, andere erleiden Erfrierungen an den Extremitaeten, leiden an Hunger und Hoehenkrankheit und schaffen es doch schliesslich nach Nepal oder Indien, wo viele abgewiesen, wieder deportiert werden. Fehlende Papiere oder der Verdacht, es koenne sich um chinesische Spione handeln sind einige von vielen moeglichen Gruenden.

Man laeuft durch McLeods Strassen und muss sich immer wieder in Erinnerung rufen: fast alle dieser Menschen hier haben diesen Weg hinter sich, viele waren im Gefaengnis und sind gefoltert werden, viele werden ihre Familien nie wieder sehen und traeumen seit über 50 Jahren den Traum von einem freien Tibet. Es ist ein bekannter Konflikt, umso mehr stellt sich die Frage: warum stossen solcherlei Vergehen an den Menschenrechten nicht auf mehr Gehör? Wie kann ein solcher Konflikt über so viele Jahre andauern, ohne dass sich bedeutende Veränderungen andeuten?

An meinem letzten Tag in McLeod löse ich mein Versprechen ein, dass ich einem tibetanischen Mönch gegeben habe und gehe zur Monastery, um den Dalai Lama zu sehen.
Stundenlang warten die Menschen, geduldig, ruhig. Wir alle knien auf dem Boden des Innenhofs, ein Stockwerk ueber uns haelt der Dalai Lama eine Rede. Sam, der Australier, den ich dort treffe, hat ein Radio und wir versuchen, die englische Übersetzung der Rede zu hören, aber der Empfang ist zu schlecht. Hinter mir drängelt eine tibetanische Frau. Ich schätze sie auf um die 80 Jahre alt. Sie ist so aufgeregt, dass sie kaum still sitzen kann und ich lege einen Arm um ihre Schulter. Sie laechelt mich an. Schliesslich bewegt sich eine kleine Delegation die Treppe hinunter und wir sehen ihn: den Dalai Lama. Ernst wirkt er, nciht ganz so heiter´, wie ich ihn von Bildern in Erinnerung habe. Über der Monastery liegt ein respektvolles, ein friedliches Schweigen. Alle pressen kniend die Handflaechen aneinander, zweifelsohne fuer Frieden betend. Der Dalai Lama nickt in die Runde, lächelt, steigt in einen Jeep und ist auf und davon. Die alte Frau stützt sich an mir ab, um auf die Beine zu kommen, lächelt strahlend und humpelt an mir vorbei, zum Ausgang.

Ein letztes Mal laufe ich zum Wasserfall im benachbarten Baghsu. Das Wasser kommt aus den Bergen und ist eiskalt. Abgesehen von einem Haufen kiffender Israelis und Inder im Urlaub ist es angenehm friedlich hier.

Ich erinnere mich an den Vortag, als ich über 3h lang den Berg hinauf geklettert bin, bis ich - krebsrot im Gesicht und mit vor Anstrengung zitternden Beinen - oben angekommen war und das Tal überblickte. Plötzlich realisieren: ich sitze im Himalaya. Wie komisch das ist, "ich sitze im Himalaya. ich bin 20 Jahre alt und ich sitze allein im Himalaya."
Komisch, wie alles, was so fremd, so weit weg erscheint, einen begleiten, umgeben kann, ohne dass es je möglich wäre, das volle Ausmaß zu realisieren.

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Abends steige ich schweren Herzens in den Bus nach Manali. Ich habe mich einmal mehr in Indiens Diversität verliebt. Die Busfahrt kommt mir vor wie eine Klassenfahrt; Weiße aller Nationalitäten tauschen ihre MP3 Player untereinander aus, kaufen Chips und Süßigkeiten und schleichen sich in den Pausen aus dem Bus, um schnell einen Joint zu rauchen.
Komisch, wie verbunden man sich mit Menschen fuehlen kann, die man nie zuvor gesehen hat und höchstwahrscheinlich nie wieder sehen wird. Und das alles nur, weil man gemeinsam fremd ist.

Morgens um 5 stehen wir in einem ausgestorbenen Manali und finden uns zu Grüppchen zusammen, um Rickshaws zu teilen. Ich fahre mit einem Argentinier und einem Franzosen nach Vashisht, einem Dorf in der Naehe von Manali, dass den entscheidenden Vorteil heißer Quellen hat. Die ersten drei Tage jedoch kein Glück: es ist so kalt, dass wir nachts selbst mit Decken und Schlafsäcken erbärmlich frieren. Zwischen 30 und 50 Grad gewöhnt ist niemand auf Temperaturen um den Nullpunkt vorbereitet.



Es regnet und regnet und eine graue Wolke folgt der nächsten. Nach 3 Tagen klärt es endlich auf und ich laufe stundenlang am Fluss entlang, nach Manali, das eher laut, etwas schmutzig und typisch indisch ist, nach Old Manali, was touristisch, hübsch und aufdränglich wirkt.

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Die Zeit wird knapper und knapper und mir bleiben nur noch 2 Wochen. Alle anderen fahren nach Leh. Ich beschließe, den Rückweg nach Delhi anzutreten.

Im Bus treffe ich einen sonderbaren Russen mit wildem Blick und brüllendem Lachen. Er erzählt von seinem Job und etwas vom Leben in Moskau. Das Problem, sich vom Bild des Polizisten als Freund und Helfer in diesem Land abzuwenden, hat er nicht: er ist es gewöhnt, davon zu laufen und zu bestechen.

18h später die altbekannten Temperaturen, Straßenlärm und Chaos und ein Gefühl, als käme man nach Hause. Indien hat mich wieder fest im Griff und ich bin unruhig. Ich weiss nicht, was es ist, das mich hält. Ich muss wieder und wieder hierher kommen. Und alles scheint mir so vertraut.

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Sonntag, 27. Mai 2007

Back to basics

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(Shimla)

Nachdem gerade ein langer Absatz ueber die letzten Tage wegen einer unbeabsichtigeten Tastenkombination verschwunden ist und mir ausserdem seit ueber einer Stunde eine Australierin ueber Skype ihre totlangweiligen Privatgespraeche ins Ohr bruellt, die ich nicht einmal mit der vollen Lautstaerke meines MP3Players uebertoenen kann, ist meine Motivation bis aufs Weiterte mal wieder terminiert. ich versuchs mal mit ein paar Bildern...

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Strasse in McLeod

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Blick Richtung Baghsu

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Sadhus (holy men) am Dal Lake, dem heiligen (wenn auch einzementierten) See

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Wassserfalltal, Baghsu

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(...)

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Der Wasserfall

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Sam und ein bekiffter Inder, der versucht, ihm einen Kartentrick zu zeigen und 45min lang klaeglich scheitert

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Fluss in Manali, Augustin aus Argentinien, Nicolas aus Frankreich

Nora reist

6 Monate Indien + 2 Monate Südafrika

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